Amtseinführung Hr. Henninger

Impressionen

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Rede zur Einführung als Schulleiter am 16.12.2022


Sehr geehrter Generalvikar Rösch, sehr geehrter Landrat Krebs, sehr geehrter Herr Knauss, sehr geehrter Herr Behr, liebe Frau Harfst, liebe Frau Loch, liebe Frau Beitel, lieber Herr Bender, lieber Vincent, liebe Schulgemeinde, liebe Familie, liebe Gäste,
ich freue mich außerordentlich, dass Sie alle den Weg hier in die Kollegskirche gefunden haben. Ein besonderer Dank gilt all denen, die in den letzten Wochen, Tagen und auch heute bei der Planung, den Vorbereitungen und der Durchführung dieser Feier mitgewirkt haben. Namentlich will ich hier stellvertretend Frau Kohlmann und Frau Jäger aus unserem Sekretariat, meine Stellvertreterin, Barbara Weber, und Frau Lecht für alle am Gottesdienst Beteiligten, erwähnen. Der bewegende Gottesdienst, die ermutigenden Grußworte sowie die wunderbaren musikalischen Zwischenspiele der Schülerinnen und Schüler, des Lehrerchors sowie von Herr Keidel-Euler und Herrn Preuß haben mir eine sehr große Freude bereitet.
Als ich im Jahr 1980 auf Initiative meiner Mutter hier an der Bischof-Neumann-Schule eingeschult wurde, hätte kein Mensch erwartet, dass aus mir, dem kleinen Sextaner, einmal der Schulleiter werden würde. „C’est la vie“ sagt der Franzose in mir, der Theologe hat da noch einen etwas anderen Blick.
Direktor der Schule war damals Herwig Herrmann. Ihm folgte rasch Dr. Wolfgang Schmitt, der bis zum Abitur „mein Direktor“ blieb und der sich besonders in der Zeit meiner längerfristigen Erkrankung sehr darum bemüht hat, dass ich an der BNS eine Zukunft haben konnte.
Die sehr positiven Erfahrungen, die ich in dieser Zeit an der Schule, im Klassenverband und mit meinen Lehrerinnen und Lehrern machen durfte, waren sicher maßgeblich für meine Entscheidung, selbst Lehrer zu werden.
Es freut mich daher sehr, dass mit Frau Jünger, Frau Herndlhofer und Frau Rohrbeck drei meiner ehemaligen Lehrerinnen an dieser Feier heute teilnehmen. Achim Schmidt kann heute leider nicht anwesend sein. In diesem Zusammenhang ist es mir ein großes Anliegen, auch die Namen von Peter Bell und Dr. Wolfgang Philippi zu nennen, die alle beide viel zu früh gestorben sind. Auch diese beiden haben mich auf ganz unterschiedliche Weise begleitet und geprägt.
Warum nun an dieser Stelle der Rückblick auf meine eigene Schulzeit und sogar auf die Historie der Schule? Auf diese Idee hat mich die Wochenzeitung Die ZEIT gebracht. Sie hat in ihrer Sonderausgabe vom 5. Dezember den Jahresrückblick 2022 unter das Zitat Sören Kierkegaards „Das Leben wird vorwärts gelebt und rückwärts verstanden“ gestellt. Den Autorinnen und Autoren der ZEIT ist es dabei wieder auf beeindruckende Art und Weise gelungen, die großen Themen des Jahres 2022 mit literarischen Texten, die mindestens zwanzig, teilweise aber auch mehrere tausend Jahre alt sind, zu beleuchten und teilweise auch in einem neuen Licht erscheinen zu lassen.
Die Geschichte der Bischof-Neumann-Schule, vormals St. Albert-Internatsschule, beläuft sich inzwischen auf ein gutes dreiviertel Jahrhundert. Zeit genug zu prüfen, ob auch hier ein Blick zurück sinnvoll sein könnte, wenn man den Blick nach vorne richten will. Erlauben Sie mir daher diesen Blick zurück.
Im Königsteiner Jahrbuch vom 3. November 1948 stand ca. zwei Jahre nach der Schulgründung: „240 Schüler und mehr als 100 Studenten füllen die Königsteiner Häuser, durchwegs Heimatvertriebene. Viele von ihnen können gar nichts zahlen. Der Vater gefallen oder vermißt oder gar noch in Kriegsgefangenschaft, Mutter und Geschwister nur auf die Unterstützung angewiesen. Andere wieder haben ihre Eltern noch in der Ostzone oder in der alten Heimat…“ In den Anfängen unserer Schule stand somit die Ermöglichung auf Bildung und das Erreichen eines Abiturs für Geflüchtete im Zentrum. Für mich war es beeindruckend, im Jubiläumsjahr einige dieser ersten Schüler persönlich kennenzulernen und ihre Verbundenheit und Dankbarkeit gegenüber unserer Schule auch heute noch zu spüren.
Diese Anfänge müssen wir uns als Schulgemeinde immer wieder in Erinnerung rufen und auch bei unseren heutigen und zukünftigen Schülerinnen und Schülern bewusst machen. Selbstverständlich besucht man die BNS, um bei uns eine gute Bildung zu erhalten, aber das, was uns von anderen Schulen unterscheidet, findet sich zusammengefasst im goldenen Grundstein am Hauptgebäude:
„Paidagogein eis Christon“ - Erziehen auf Christus hin (oder in Christus hinein) ist die Herausforderung und zugleich Ziel unseres Handelns. Die Aufnahme ukrainischer Schülerinnen und Schüler, die Toleranz gegenüber Flüchtlingen, das Engagement für sozial Benachteiligte, die Unterstützung für unsere Partnerschule in Kiserian sind Beispiele, wie wir dieser Herausforderung gerecht werden können. Theologisch gesprochen, nimmt hier das Reich Gottes unter den Menschen Gestalt an.
Ein zentrales Element guter Bildung ist daher neben der Wissensvermittlung die Vermittlung eines Wertekompasses, mit dem wir unsere Abiturientinnen und Abiturienten nach ihrer Schulzeit ins Leben entlassen wollen. Dieser Wertekompass kann durchaus in der theoretischen Auseinandersetzung mit curricularen Inhalten ganz unterschiedlicher Unterrichtsfächer ausgerichtet werden. Doch viel entscheidender ist darüber hinaus das aktive Handeln als Gemeinschaft und jedes Einzelnen. Wir können stolz auf das Engagement unserer Schulgemeinde in den letzten Monaten, Jahren und Jahrzehnten sein. Zugleich muss dieses Wissen Ansporn sein, in Zukunft nicht nachzulassen. Ein kurzfristiges Ziel sollte es sein, die AG „Soziale Aktivitäten“ und somit die Besuche im Haus Raphael wieder ins Leben zu rufen. Zwei unserer E-Phasen Schüler waren vor Kurzem im Rahmen ihres Sozialpraktikums dort und mehrere der Bewohnerinnen erzählten noch mit Begeisterung von den Besuchen der BNS Schülerinnen und Schüler sowie der Freude, die sie durch die Musik und die Gespräche erlebten.
Für uns als Katholische Schule muss „Paidagogein eis Christon“ immer wieder bedeuten, die Zeichen der Zeit zu erkennen. Diese Zeichen haben die Gründungsväter der Schule im Jahr 1946 erkannt und vielen Schülern im Schülerkonvikt eine neue Heimat gegeben. Ab dem Jahr 1968 besuchte der erste „externe Fahrschüler“, so die damalige Bezeichnung, die Bischof-Neumann-Schule. Diese Veränderung war ein größerer Schritt, als wir es uns heute vorstellen können.
Die handelnden Personen haben auch danach die Zeichen der Zeit erkannt und so kam es im Jahr 1971 zur Aufnahme der ersten protestantischen Schüler sowie im Jahr 1986 zur Aufnahme der ersten 24 Sextanerinnen. Drei wesentliche Veränderungen, die nicht bei allen sofort auf Zustimmung stießen. Aber drei Entscheidungen mit Weitblick und dem Mut, neue Wege zu gehen. In dieser Tradition wollen wir uns als Schule weiterentwickeln.
Ab dem Schuljahr 2023/24 bieten wir nun auch nicht-getauften Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit, sich an der Bischof-Neumann-Schule zu bewerben. Andere Schulen der St. Hildegard-Schulgesellschaft praktizieren dies schon länger, für uns ist es ein neuer Schritt. Wir gehen ihn nicht, weil uns die Schülerzahlen dazu zwingen, sondern aus der Erkenntnis, dass sich die gesellschaftliche und kirchliche Situation in den letzten Jahren massiv verändert hat.
Diese Veränderung zeigt sich zum einen in der Tatsache, dass in Deutschland zum ersten Mal die Christen in der Minderheit sind. Wir erleben erdrutschartige Abbrüche bei der religiösen Bindung in der jungen Generation. Der Slogan „Jesus ja, Kirche nein“ ist überholt. Nur noch ein Bruchteil der Jugendlichen betet täglich. Nur noch 12% der Deutschen vertrauen der Katholischen Kirche.
Der dramatische Rückgang der Mitgliederzahlen in beiden christlichen Kirchen in Deutschland ist leider zum Teil auf die Krise der Kirche und den mangelnden Reform- und Aufklärungswillen zumindest eines Teils der Deutschen Bischöfe zurückzuführen. Wir können sehr dankbar sein, dass unser Bistum hier oft voranschreitet und Bischof Dr. Bätzing häufig ein Vorreiter bei den angestrebten Reformen ist. Neben diesen kircheninteren Gründen spielen natürlich auch ökonomische, politische und gesellschaftliche Wandlungsprozesse eine wesentliche Rolle.
Noch dramatischer als der Rückgang der Kirchenmitglieder und der damit einhergehende Verlust an kirchengemeindlicher Bindung ist allerdings der damit einhergehende Verlust an Religiosität und den damit verbundenen Werten. Dr. Andreas Püttmann, u.a. Mitglied des Ständigen Arbeitskreises „Politische und ethische Grundfragen“ des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken, hat an mehreren Beispielen aufgezeigt, worin der Mehrwert eines religiösen Wertekompasses besteht:
- Christen, die den Anderen als Geschöpf Gottes ansehen, haben einen anderen Blick auf Flüchtlinge, Alte und Kranke oder sozial Benachteiligte.
- Der Gedanke der Bewährung vor Gott unterstützt die Leistungsbereitschaft, das Leben wird als Aufgabe, für die ich da bin, begriffen.
- Der christliche Glaube an die Weltüberwindung und Auferstehung befähigt zum Widerstand.
- Ein christlicher Patriotismus „Unsere Heimat aber ist im Himmel“ (Philipperbrief 3, 20-21) ist mit einem politischen Nationalismus unvereinbar. (Nicht umsonst erreicht die AFD bei christlichen Bürgern unterdurchschnittliche Zustimmung.)
- Die Hoffnung auf Auferstehung begründet eine höhere Zufriedenheit mit dem eigenen Leben. Stress und Kummer werden durch den Glauben an Gott besser verarbeitet.
Dorothee Sölle sprach hier vom Wunsch des Menschen „ganz zu sein“, und meint damit das unaufgebbare Bedürfnis jedes einzelnen Menschen, vertrauen, hoffen und glauben zu können.
Kurz gesagt: Fehlende Glaubensüberzeugungen betreffen nicht nur den privaten Bereich und können hier Menschen zerrütten. So hat die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit psychischen Problemen in den letzten Monaten rasant zugenommen. Der fehlende Halt im Glauben hat auch Auswirkungen auf die Gesellschaft und deren Zusammenhalt, was sich unter anderem in der zunehmenden Ablehnung staatlicher Institutionen und Autoritäten zeigt.
Angesichts der großen Krisen unserer Zeit wie der Corona-Pandemie, dem Krieg in der Ukraine und an vielen anderen Orten sowie der Klimakatastrophe stehen wir vor großen Herausforderungen, die ohne eine Beheimatung in der Religion kaum zu beantworten und zu bewältigen sind.
Und genau hier müssen wir als Schule unserer Rolle aus unserer Tradition heraus immer wieder neu finden. Kirche, die so entblößt dasteht wie zurzeit, muss erkennen, welche wichtige Rolle Schulen einnehmen können. Sie können eine „Beheimatung im Glauben“ sein und helfen, der Zerrüttung des Einzelnen und der Gesellschaft entgegenzuwirken. Unsere Zielgruppe darf dann nicht mehr ausschließlich auf die Mitglieder der Kirchen beschränkt sein, sondern muss alle Familien, die eine Antenne für unsere Botschaft und unsere Werte haben, miteinschließen.
Wir als Bischof-Neumann-Schule sind dankbar, in diesem Sinne Teil von Kirche zu sein. Wir können nicht die Welt retten, aber wir können hier in Königstein unseren Beitrag leisten, „Reich Gottes“ erfahrbar zu machen. Hier sind wir als Schulgemeinde gefragt und gefordert, aber auch auf die Unterstützung durch die St. Hildegard-Schulgesellschaft und das Bistum Limburg angewiesen und das sowohl baulich als auch personell. Wir sind bereit, nach einem Transformationsprozess im Bistum Limburg, unsere Rolle als Katholische Schule neu zu denken und entsprechende Aufgaben zu übernehmen, um Kirche mitzugestalten.
Zukunft zu gestalten ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Die letzten sechs Jahre, die ich mit Ihnen und Euch hier an der BNS verbringen durfte, haben mir immer wieder aufs Neue gezeigt, dass wir zusammen auch große Herausforderungen angehen und meistern können. Die Verbundenheit mit und das Engagement für unsere Bischof-Neumann-Schule ist seit vielen Lehrer- und Schülergenerationen bis heute zu spüren und zu sehen. Ich habe bisher keinen Moment bereut, wieder aktiver Teil dieser Gemeinschaft geworden zu sein und freue mich sehr auf die weitere Zusammenarbeit mit Ihnen und Euch allen.
Ich bin mir sicher, dass wir gemäß unseres Jahresmottos „Die aber, die dem Herrn vertrauen, schöpfen neue Kraft, sie bekommen Flügel wie Adler.“ (Jesaja 40,31) getragen und beschwingt in die Zukunft blicken können, vor der uns dann nicht bange sein muss.